
Wismars Stadtgeschichte
Die Hansestadt Wismar, gelegen an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns, blickt auf eine bewegte und faszinierende Geschichte zurück. Von ihren slawischen Ursprüngen über die Blütezeit als Mitglied der Hanse bis hin zur schwedischen Herrschaft und ihrer heutigen Bedeutung als UNESCO-Welterbestätte – Wismar ist ein lebendiges Zeugnis europäischer Geschichte.
Frühe Besiedlung und Stadtgründung
Bereits im 10. Jahrhundert wurde das Gebiet um Wismar von Slawen besiedelt. Der Name der Stadt leitet sich vermutlich vom Flüsschen „aqua Wisemaraa“ ab. Die eigentliche Stadtgründung wird auf das Jahr 1226 datiert und geht wahrscheinlich auf Fürst Heinrich Borwin I. zurück. 1229 fand Wismar erstmals urkundliche Erwähnung und erhielt kurz darauf das Lübische Stadtrecht, das eine wichtige Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt bildete. Im Mittelalter wuchs Wismar rasch: Um die Kirchen St. Nikolai, St. Marien und St. Georgen entwickelten sich verschiedene Stadtteile, die später zusammenwuchsen. Bereits 1257 wurde die Stadt Residenz der mecklenburgischen Fürsten, was ihre Bedeutung weiter stärkte.
Blütezeit in der Hanse
Wismar wurde früh Mitglied der Hanse, einem mächtigen Handelsbund im Ostseeraum. Zusammen mit Städten wie Lübeck, Rostock und Stralsund gehörte Wismar zum Wendischen Städtebund, einer Gruppe besonders einflussreicher Hansestädte. Der Handel florierte: Waren wie Salz aus Lüneburg, Tuche, Bier sowie Pelze und Holz aus Osteuropa wurden hier umgeschlagen. Die strategisch günstige Lage an der Ostseeküste machte Wismar zu einem bedeutenden Knotenpunkt für den Handel zwischen West- und Osteuropa. Diese wirtschaftliche Blüte spiegelte sich auch in der Architektur wider: Beeindruckende Bauwerke wie die Backsteingotik-Kirchen und das Wassertor entstanden in dieser Zeit und prägen bis heute das Stadtbild.
Schwedische Herrschaft und Festungsbau
Während des Dreißigjährigen Krieges (1618–1648) wurde Wismar schwer verwüstet und fiel 1648 durch den Westfälischen Frieden an Schweden. Die Schweden bauten die Stadt zu einer der stärksten Festungen Europas aus, mit Bastionen, Zitadellen und dem Fort auf der Insel Walfisch. Gleichzeitig war Wismar Sitz des höchsten Gerichts für die schwedischen Besitzungen in Deutschland. Die schwedische Herrschaft prägte die Stadt fast 200 Jahre lang, bis sie 1803 an Mecklenburg verpfändet wurde. Nach Ablauf des Pfands verzichtete Schweden 1903 endgültig auf seine Ansprüche, wodurch Wismar dauerhaft zu Mecklenburg gehörte

Industrielle Entwicklung und Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg
Im 19. Jahrhundert erlebte Wismar durch den Ausbau des Hafens und die Entstehung der Werftindustrie einen erneuten wirtschaftlichen Aufschwung. Bedeutende Unternehmen wie die Mathias-Thesen-Werft prägten das industrielle Gesicht der Stadt. Der Zweite Weltkrieg brachte jedoch schwere Zerstörungen mit sich: Rund ein Viertel des Wohnraums und große Teile der Industrieanlagen wurden durch Bombenangriffe zerstört. Nach dem Krieg begann der Wiederaufbau, wobei insbesondere die Werftindustrie eine Schlüsselrolle spielte.
UNESCO-Welterbe und moderne Entwicklung
Heute steht die Altstadt von Wismar unter Denkmalschutz und wurde 2002 zusammen mit Stralsund in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen. Die gut erhaltene mittelalterliche Bausubstanz, darunter die Kirchen und das historische Hafenviertel, machen die Stadt zu einem beliebten Ziel für Touristen aus aller Welt. Wismars Geschichte ist geprägt von Handel, Seefahrt und kulturellem Austausch – eine Geschichte, die sich in den Straßen, Gebäuden und Traditionen der Stadt widerspiegelt. Ob bei einem Spaziergang durch die Altstadt oder einem Besuch im Welt-Erbe-Haus: In Wismar wird Geschichte lebendig.
