Tittentasterstraße-Wismar

Was die Straßennamen Wismars über die Stadtgeschichte verraten

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Wismar hat eine bewegte Vergangenheit – und viele ihrer Straßen tragen noch heute die Spuren vergangener Zeiten. Welche Straßen du unbedingt besuchen solltest!

Inhalt

1250 tauchen die ersten Straßennamen im Wismarer Stadtbuch auf. Eine Beschilderung gab es zu dieser Zeit allerdings noch nicht. Die Straßennamen leiten sich her von bestimmten Eigenschaften (z.B. Hohe Straße, Breite Straße), nach Familien (Scheuerstraße) oder Berufsständen (Bademutterstraße, Krämerstraße), die dort lebten oder auch, wohin sie führten (z.B. Schweriner Straße). Erst 553 Jahre später, 1803, wurden die Straßen in Wismar beschildert. Hausnummern gab es ab 1865. Wer sich für die mittelalterliche Stadtplanung interessiert, dem empfehle ich die Doku „Die Entdeckung der mittelalterlichen Stadtplanung“. Darin geht es auch um Wismar (ab Minute 39:48).

Nach Berufsständen und Ämtern benannte Straßen und Ableitungen davon

Altböterstraße

Altböter sind sogenannte Reparaturhandwerker/ Flickschuster und von den Schuhmachern zu untescheiden.

Krämerstraße

Krämer ist eine alte Bezeichnung für Händler spezieller Waren, wie z.B. Messer, Öle, Baumwolle, und Gewürze. Im Mittelalter siedelten sich bestimmte Gewerke immer in einem bestimmten Stadtteil oder sogar in einer bestimmten Straße an und so hatten in der Krämerstraße, bzw. „kremerstrate“, wie sie noch 1467 hieß, die Händler ihre Verkaufsstände.

Gerberstraße

Hier waren Gerber angesiedelt, die zusammen im Gerberhaus wirtschafteten. Gerber beschäftigen sich mit der Lederherstellung. Sie hat den Namen bereits seit 1260. Da Gerber viel Wasser benötigen, wurde es von

Großschmiedestraße

In der Großschmiedestraße, die im alten Stadtbuch von 1260 als Schmiedestraße benannt war, waren Grobschmiede wie Huf- und Ankerschmiede ansässig. Die Kleinschmiedestraße wurde dagegen erst 1440 erwähnt und in ihr waren die sogenannten Kleinschmiede ansässig, die Nägel, Messer und Schlösser fertigten. 1475 wurde sie übrigens auch als „Messerschmiedestraße“ bezeichnet.

Hegede

Hegede leitet sich von der Bezeichnung „Hege“ abund bedeutet Umzäunung. Im 14. Jahrhundert war die Westseite des Marktes mit Marktständen bebaut, die so eine Abzäung des Marktes vornahmen.

Bademutterstraße

Hier wohnten überwiegend Hebammen. Zu Beginn des Aufbaus Wismars hieß sie allerdings noch anders: Straße der Familie Kröpelin. Die Familie Kröpelin zählt übrigens zu den Stadtgründern. Schon 1365 tauchte aber auch die Bezeichnung „bademomenstrate“ auf.

Weberstraße

Auch die Weberstraße wurde nach einem hier ansässigen Berufszweig, nämlich den Webern benannt. Sie ist schon 1273 im Stadtbuch erwähnt. Hier muss man auch die Claus-Jesup-Straße erwähnen. Claus Jesup war ein Wollenweber, der an der Faulen Grube wohnte

Papenstraße

1318 wurde zuerst die „platea clericorum“ erwähnt, was aus dem Lateinischen übersetzt „geistliche Straße“ heißt. So hatten sich hier zum einen vielfach Geistliche angesiedelt, zum anderen war der Sitz der Antonirer hier – ein geistlicher Orden.

Beguinenstraße

Hier waren die Beginen auf einem 1283 von Radolf von Krukow überlassenen Grundstück ansässig. Sie sind eine geistliche Vereinigung, die aus ärmlichen Verhältnissen kommenden Frauen bestand und nahmen karitative Aufgaben wahr.

Nach Familien und Persönlichkeiten benannte Straßen

Scheuerstraße

Auch der Name der Scheuerstraße lehnt sich an eine angesehene Familie an: Hier besaß die Familie Schur zum Jahrhundertwechsel 14. / 15. Jh. Immobilien. 1410 gab es den Straßennamen „schustrate“, woraus später „schuerstrate“ und schließlich 1555 „Scheurstraße“ wurde.

Claus-Jesup-Straße

Claus Jesup war ein Wollenweber, der an der Faulen Grube wohnte und zeitweilig auch Bürgermeister war. Er führte Aufstände gegen den patrizischen Rat an und kämpfte für ein Mitbestimmungsrecht der Handwerker und Ämter. Es gibt einen Roman über ihn, geschrieben von Ottomar Enking*.

Sonstige Straßennamen

Tittentasterstraße

Und nun zum berühmtesten Straßennamen Wismars: Die Tittentasterstraße. Hier war allerdings kein Bordell, wie man vermuten könnte, sondern die Straße war so eng, dass, wenn zwei Leute aneinander vorbei gehen wollten, sie sich zwangsläufig berühren mussten.

Bliedenstraße

In der Bliedenstraße waren im Mittelalter „Bliden“ gelagert. Das sind Schleidermaschinen zur Verteidigung.

Hohe Straße und Breite Straße

Diese beiden Straßen sind nach ihren Eigenschaften benannt: Die Hohe Straße hat einen Anstieg, wobei der von der Kleinen Hohen Straße geringer ist als der von der Großen Hohen Straße. Die Breite Straße ist besonders breit.

Glatter Aal

In Wismar gibt es einfach Straßennamen, da denkt man sich, das kann doch nicht sein. Und das ist neben der Tittentasterstraße auch die schmale Gasse „Glatter Aal“. Früher war sie nicht gepflastert und wahrscheinlich oft verschlammt und glibschig wie ein glatter Aal war.

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